Erstmals wird Offenthal bei einer Hessischen Streuobstsorte des Jahres erwähnt. Der Kalbfleischapfel ist Hessische Streuobstsorte des Jahres 2019. Eine ausführliche Beschreibung ist von Steffen Kahl im Jahresheft 2019 des Pomologenvereins e. V. auf Seite 90 – 92 vorgenommen worden.
Leider ist über die Herkunft und die Entstehung dieser Sorte nichts bekannt. Die Sorte wurde von Kreisobstbauinspektor Biesterfeld 1914 in dessen „Allgemein zum Anbau empfohlenen Obstsorten für den Kreis Offenbach“ für den Main- und Westbezirk genannt. Die Publikation von Kreisobstbauinspektor Biesterfeld wurde dem OGV-Offenthal von einem unserer Mitglieder zur Verfügung gestellt.
Die Sorte, auch Odenwälder Borsdorfer oder Engelberger Winterborsdorfer genannt, war in Offenthal, Langen und Egelsbach verbreitet. Bisher ist diese Sorte in den letzten Jahren auf Sortenprüfungen in unserer Gegend nie aufgetaucht, sodass wir davon ausgehen, dass in Offenthaler Gemarkung keine Bäume dieser Sorte mehr vorkommen. Die Sorte galt lange als verschollen, bis sie 2013/2014 mit 4 alten Bäumen wiederentdeckt wurde.
Dies hat sich nun geändert, da eines unserer Vorstandsmitglieder sich einige neu gezogene Bäume der Sorte sichern konnte und neu aufgepflanzt hat. Somit ist der Kalbfleischapfel zurück in Offenthal.
Der Kalbfleischapfel hat einen kräftigen Wuchs und bildet eine breitkugelige Krone. Eine besondere Anfälligkeit gegen Erkrankungen der Bäume ist nicht bekannt. Die Sorte hat keine besonderen Standortansprüche, bevorzugt jedoch wohl, auf Grund der von Kreisobstbauinspektor Biesterfeld empfohlenen Anbaubezirke, eher mittelschwere bis leicht sandige Standorte.
Die Größe der Früchte ist klein bis mittelgroß, die Schale glatt und nicht fettig. Die Grundfarbe ist grüngelb, später hellgelb, die Deckfarbe kurz gestreift und rot geflammt. Das Fruchtfleisch ist weiß bis gelblich, mittelfest, saftig mit guten Apfelaroma, süß-säuerlich. Die Reife tritt Mitte September ein, die Früchte sind im Naturlager bis Februar haltbar. Der Ertrag wird als hoch und regelmäßig beschrieben. Die Sorte entspricht nicht mehr heutigen Anforderungen an einen Tafelapfel, ist jedoch ein guter Apfel für Streuobstwiesen und sollte alleine schon aus den oben genannten historischen Gründen erhalten werden. Leicht zu verwechseln ist die Sorte mit der Goldparmäne.
Die Sorte kann für die nächste Pflanzsaison bei der Baumschule Müller, Am Sandgraben 2, 69256 Mauer, 06226-784320 bestellt werden.